Die Apotheken befinden sich in einer stark angespannten Situation. Innerhalb der letzten Jahre sank die Anzahl der Apotheken, gerade im ländlichen Raum. Ziel muss es sein, dass eine qualitativ hochwertige und wohnortnahe Versorgung durch die Apotheken sichergestellt wird. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn die Apotheken langfristige Finanzierungssicherheit erfahren. Während sowohl die Betriebs-, als auch die Personalkosten seit Jahren ansteigen, hat sich an dem Fixzuschlag nichts verändert. Umso wichtiger ist es die einzelnen Faktoren der Apothekenfinanzierung in den Blick zu nehmen.
Anpassung Fixzuschlag bei Fertigarzneimitteln
8,35 € → 10 € + Dynamisierungsfaktor
Durch den Fixzuschlag sollen alle pharmazeutischen Leistungen, die mit der Arzneimittelabgabe direkt oder indirekt im Zusammenhang stehen, finanziert werden. Dies betreffen insbesondere Raum- und Betriebskosten sowie die Personalkosten des pharmazeutischen Personals. Da die Höhe des Fixzuschlags von 8,35 Euro zuletzt 2013 angepasst wurde, ist eine Anpassung längst überfällig. Besonders deutlich wird das daran, dass die Personalkosten für angestellte Apothekerinnen und Apotheker sowie pharmazeutisch-technischen Assistentinnen und Assistenten von 2014 bis 2023 um mehr als 20 Prozent gestiegen sind. Hinzu kommen weitere allgemeine Kostensteigerungen.
Daher ist der Fixzuschlag auf 10 Euro sowie die Ergänzung eines Dynamisierungsfaktors einmalig anzupassen, um in Zukunft eine automatische Anpassung zu ermöglichen. Die Höhe der einmaligen Anpassung des Festzuschlags leitet sich aus der Honorarentwicklung im ärztlichen Bereich seit 2013 ab. Bei identischer Honorarentwicklung im pharmazeutischen Bereich würde dies einem Festzuschlag von knapp 10 Euro im Jahr 2024 entsprechen. (Seit 2013 ist der Orientierungswert zur Vergütung vertragsärztlicher Leistungen um 19,3% angestiegen.) Der Dynamisierungsfaktor soll zwischen der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheken und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen im Benehmen mit dem Verband der Privaten Krankenversicherungen ausgehandelt werden.
Anpassung der Kaufmännischen Komponente bei Fertigarzneimitteln
3% → 3% + Zuschlagskomponente
3% + Zuschlagskomponente = 11/12 x 3% + 1/12 x (3% + Durchschnittswert des 1-Woche-Euribors des Vorjahres)
Die kaufmännische Komponente ist dafür gedacht die kaufmännische Tätigkeit, wie beispielsweise Bestellung, Lagerung und Vorfinanzierung, zu vergüten. Sie wurde bereits seit 2004 nicht angepasst. Vor allem im Bereich der Refinanzierung gibt es jedoch permanent Kostenveränderungen. Diese stehen im direkten Zusammenhang mit der Euro Interbank Offered Rate (Euribor). Eine Apotheke muss einen Umsatz von ca. vier Wochen vorfinanzieren. In der Vergangenheit haben Einsparung aufgrund der Zinssenkungen die Kostensteigerungen kompensiert, die durch eine fehlende Anpassung des Fixzuschlages zu einem schlechteren Betriebsergebnis geführt hätten. Mit der Zinswende sind diese Kostensteigerungen nun voll eingeschlagen. Demensprechend ist es für Apotheken überlebenswichtig, dass die kaufmännische Komponente den wirtschaftspolitischen Entwicklungen entsprechend angepasst wird.
Der Vorschlag sieht vor, die Kaufmännische Komponente um eine dynamische Zuschlagskomponente zu ergänzen. Die Gesamthöhe der dynamisierten Kaufmännischen Komponente eines Jahres soll die Zinshöhe berücksichtigten, mindestens allerdings 3% betragen. Die Berechnung hat zu Jahresbeginn zu erfolgen. Die Gesamthöhe der dynamisierten Kaufmännischen Komponente eines Jahres soll sich zukünftig aus der Addition der nicht dynamisierten Kaufmännischen Komponente (3%) und der Zuschlagskomponente berechnen. Hierbei soll ersteres zu elf Zwölfteln und letzteres zu einem Zwölftel Berücksichtigung finden. Die Zuschlagskomponente entspricht hierbei der Summe aus der nicht dynamisierten Kaufmännischen Komponente (3%) und dem Durchschnittswert des 1-Woche-Euribors des Vorjahres.
Anpassung der Vergütung bei Zubereitungen aus Stoffen
8,35€ → 10€ + Dynamisierungsfaktor
Rezepturzuschlag → Rezepturzuschlag + Dynamisierungsfaktor
Nachdem seit 2019 die Anlage 1 der Hilfstaxe trotz erheblicher Preiserhöhungen nicht mehr angepasst wurden und im letzten Jahr keine Einigung erzielt werden konnte, wurde vom DAV die Verträge zu Anlage 1 und Anlage 2 zu kündigen. Seit Januar gilt somit ein „vertragloser Zustand“, sodass einzig über §4 und 5 der Arzneimittelpreisverordnung abgerechnet wird. Doch auch bei den Regelungen der Arzneimittelpreisverordnung hinsichtlich der Zubereitung aus Stoffen ist seit Jahren keine Anpassung an die wirtschaftlichen Entwicklungen erfolgt.
Analog zur Vergütung bei Fertigarzneimitteln ist daher auch bei Rezepturen der Festzuschlag einmalig zu erhöhen und um einen von der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apothekerinnen und Apotheker und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen im Benehmen mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung ausgehandelten Dynamisierungsfaktor zu ergänzen. Auch bei dem Rezeptzuschlag muss zukünftig der Zeitaufwand und die entsprechenden Personalkosten berücksichtigt werden. Hierfür ist dieser um einen von der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apothekerinnen und Apotheker und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen im Benehmen mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung ausgehandelten Dynamisierungsfaktor zu ergänzen. Auch hierbei kann sich grundlegend an der prozentualen Steigerung der durchschnittlichen Personalkostentwicklung nach ADEXA-Tarifabschluss orientiert werden.
Anpassung des Kassenabschlags
2€/1,77€ → gestaffelt nach Zahlungseingang, 1,49€ netto nur bei Sofortzahlung
Gemäß § 130 SGB V müssen Apotheken bei verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel sowie für Zubereitungen nach § 5 Absatz 3 der Arzneimittelpreisverordnung, die nicht § 5 Absatz 6 der Arzneimittelpreisverordnung unterfallen, an die Krankenkassen einen Abschlag leisten. Da der Apothekenabschlag voraussetzt, dass die Rechnung der Apothekerin oder des Apothekers innerhalb von zehn Tagen nach Eingang bei der Krankenkasse beglichen wird, entspricht dieser einem Skonto im üblichen Geschäftsverkehr. Die aktuellen 2,00 Euro sowie auch ab dem 31. Januar 2025 wieder die 1,77 Euro Apothekenabschlag übersteigen einen durchschnittlichen, handelsüblichen Skonto jedoch deutlich. Wenn der durchschnittliche Arzneimittelpreis von 69 Euro aus dem Jahr 2022 als Grundlage genommen würde, würden die 2 Euro Apothekenabschlag bei einem Skontosatz von 17 Prozent auf die Wertschöpfung der Apotheken bedeuten, selbst bei den 1,77 Euro wären dies noch ungefähr 15 Prozent. Eine Anpassung ist daher zwingend erforderlich.
Bislang ist in dem im SGB V festgeschriebenen Betrag des Apothekenabschlags die Mehrwertsteuer beinhaltet. Zukünftig soll der Apothekenabschlag netto ausgewiesen werden, um unternehmerische Risiken potentieller Mehrwertsteueränderungen, beispielsweise eine Mehrwertsteuersenkungen von 19% auf potentiell 7%, auszuschließen. Der im SGB V festgelegte Betrag von 1,77 Euro entspricht, um die Mehrwertsteuer bereinigt, einem Nettobetrag von 1,49 Euro.
Seit dem 1. Januar 2024 ist das e-Rezept verbindlich eingeführt worden. Hierdurch ist es den meisten Apotheken möglich zukünftig Rezepte digital taggleich über die Rechenzentren an die Krankenkassen zu übermitteln. Um die Liquidität der Apotheken zu sichern, soll daher für die Krankenkassen ein Anreiz geschaffen werden, ebenso schnell mit der Kostenerstattung zu verfahren. Der Höchstabschlag von 1,49 Euro netto ist im Vorschlag nur noch bei Sofortzahlungen (innerhalb von 48 Stunden nach Rechnungsstellung) vorgesehen. Die Höhe des Abschlags soll darüber hinaus degressiv nach Zeitpunkt des Zahlungseingang gestaffelt werden. Bei Zahlung ab 8 Tagen und innerhalb von 10 Tagen nach Rechnungsstellung soll der Apothekenabschlag nur noch mit 0,30 Euro netto berechnet werden. Bei Zahlung zu einem noch späteren Zeitpunkt soll weiterhin der Apothekenabschlag entfallen.
Anpassung der Vergütung von Pharmazeutischen Dienstleistungen
90€→ 120€ + Dynamisierungsfaktor
Seit dem 15. Dezember 2021 werden für die Finanzierung Pharmazeutischer Dienstleistungen pro abgegebener Packung 0,20 Euro an den Nacht- und Notdienstfonds des Deutschen Apothekerverbandes e.V. abgeführt. Pharmazeutische Dienstleistungen sind fachliche Beratungs- und Betreuungsangebote, welche den Patientinnen und Patienten akut helfen und somit die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung deutlich verbessern können. Aktuell erbringt allerdings nur ungefähr ein Viertel aller Apotheken diese Dienstleistungen. Dies liegt zumeist daran, dass der Aufwand im Zusammenhang mit dem Erbringen dieser Leistung durch die Vergütung nicht ausreichend gedeckt wird. Der Vorschlag sieht daher vor, einmalig die Vergütung der Dienstleistungen „Erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation“, „Pharmazeutische Betreuung von Organtransplantierten“ und „Pharmazeutische Betreuung bei oraler Antitumortherapie“ auf 120 Euro zu erhöhen sowie für zukünftige automatische Anpassungen um einen entsprechenden Dynamisierungsfaktor zu ergänzen.
Da aktuell pro Jahr ca. 150 Millionen Euro an den Nacht- und Notdienstfonds abgeführt werden, im letzten Jahr allerdings nur rund 11,5 Millionen Euro aufgrund erbrachter pharmazeutischer Dienstleistungen ausgezahlt wurden, ist der Nacht- und Notdienstfonds spätestens in zwei Jahren zu evaluieren. Sollte weiterhin nur ein Bruchteil der eingezahlten Summe abgerufen werden, sind die Finanzmittel des Fonds für Maßnahmen zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit der Apotheken zu nutzen.
Anpassung der Notdienstgebühr
2,50€ → 5€
Zudem soll die Notdienstgebühr bei der Inanspruchnahme von Apotheken im Notdienst nach mehr als 20 Jahren erstmalig angepasst und der Betrag auf 5 Euro einschließlich der Umsatzsteuer erhöht werden. Diese Maßnahme soll insbesondere die Eigenverantwortlichkeit der Patientinnen und Patienten im deutschen Gesundheitssystem stärken.
Ermöglichen von Skonti bei Rx-Medikamenten über 3,15% hinaus
Möglichkeit von höheren Skonti als die 3,15% des Großhandelszuschlags
Nach dem Skonto-Urteil des Bundesgerichtshofs im Februar dieses Jahres sind Skonti bei Rx-Medikamenten von Großhändlern unzulässig, sofern der Nachlass insgesamt über die 3,15-prozentige Spanne des Großhandelszuschlags hinausgeht. Eine Durchschnittsapotheke hatte im vergangenen Jahr Skonti zwischen 20.000 und 25.000 Euro erhalten. Das Gerichtsurteil belastet somit die Betriebsergebnisse der Apotheker erheblich. Daher ist es zwingend erforderlich, dass die Möglichkeit der Gewährung von Skonti durch Großhändler über die 3,15-prozentige Spanne hinaus gesetzlich festgeschrieben und somit die unternehmerische Entscheidung zweier Vertragungspartner gestärkt wird.